Löchel, Paul

Paul Löchel wächst im sozialdemokratisch-kommunistisch geprägten Stadtteil Bessungen in Darmstadt auf. Er hat mehrere Geschwister, unter anderem einen älteren (Halb?)Bruder Willi, der wie Paul Löchel im Widerstand aktiv ist.

Seine Eltern sind Gustav und Auguste Löchel, geb. Kühlborn. Nach der Volksschule lässt Paul Löchel sich bei der Glaserei Daum ausbilden, arbeitet allerdings nur kurzzeitig als Glaser. Häufiger ist er als Reisevertreter in der Papier- oder Metallbranche tätig.

Seit 1929 ist Paul Löchel als Mitglied des Kommunistischen Jugend Verbandes (KJV) aktiv und kämpft gegen den Aufstieg des Nationalsozialismus. 1932 beteiligt er sich an einer Schlägerei in der Landgraf-Georg-Straße in Darmstadt. Diese Schlägerei wird nach 1933 zu einem der Verhandlungspunkte im Prozess gegen ihn. Zum anderen wirft man ihm vor, als Bezirksleiter von Bessungen und Darmstadt Süd die KJ, und damit eine von den Nationalsozialisten verbotene kommunistische Vereinigung,weitergeführt zu haben. Bis dafür konkrete Verdachtsmomente vorliegen, wird er von der Gestapo beobachtet, am 6. März 1933 verhaftet und zunächst bis 2. April in Schutzhaft genommen. Kurz nach seiner Entlassung, am 10. April, wird er nach eigenen Angaben erneut festgenommen und für einen Monat in das KZ Osthofen verschleppt. Im Spätsommer sei er wieder für zwei bis drei Wochen in Schutzhaft gewesen.
Die Vorwürfe der Nationalsozialisten gegen ihn konkretisieren sich schließlich aufgrund der Anzeige seiner ehemaligen Freundin Anna Nothnagel, die Löchel in seine Tätigkeiten eingeweiht hatte. Eine Untersuchungshaft wegen des Verfahrens gegen ihn, Robert Petri, Adam Stroh, Frieda Kohlbach und Anna Nothnagel vor dem Bezirksschöffengericht in Darmstadt schließt sich an. 1934 verurteilt man ihn wegen wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu einer Gefängnisstrafe von 2 Jahren. Inhaftiert wird er in Butzbach und Zweibrücken.

Nachdem er 1936 aus der Haft entlassen wird, zieht er mehrfach um, lebt und arbeitet in Stuttgart, München, Spremberg/Lausitz, Potsdam und Berlin entweder als Glaser oder als Reisevertreter. Anfang 1940 kommt er dem Aufruf zum Wiederaufbau des Saargebiet nach. Nach einem Arbeitseinsatz in Lothringen arbeitet er in Saarbrücken als Zuschneider im Glasgewerbe, danach wieder als Reisevertreter. Mai 1941 heiratet er Alice Hollender. Die Ehe bleibt kinderlos. Zum Jahreswechsel hin macht Paul Löchel sich als Reisevertreter selbstständig. Er bleibt dies mit Unterbrechungen bis 1944.

1942 wird er „offiziell“ wegen einer Heimtückesache von der Gestapo Saargemünd 14 Tage in Schutzhaft genommen. Doch dann wird er von dem Kriminal-Sekretär Rosskopf und den Gestapobeamten Brandburg in Saarburg vernommen. Sie hätten seine „Akten aus Darmstadt eingesehen“, böten ihm aber „die Chance, Mitarbeiter der Gestapo zu werden“, um ihn so „vor dem KZ [zu] retten“ Nach acht Tagen Bedenkzeit in Schutzhaft willigt Löchel ein, um dem „angedrohten KZ zu entgehen“ und anschließend zu flüchten. Doch Löchel setzt sein Fluchtvorhaben nicht in die Tat um, sondern hält Kontakt mit der Gestapo Saarburg/Metz und Darmstadt. Nach eigenen Angaben ist er von Ende 1942 bis September 1944 im Widerstand, bezahlt illegale Beiträge zur KPD und leitet Beitragszahlungen aus dem Saargebiet an Georg Fröba in Darmstadt weiter.

Seine Einberufung am 04. 02.1943 zum Bewährungsbataillon 999, wo er auf 15 bis 20 Darmstädter, unter ihnen Alexander Wagenbach, trifft, steht möglicherweise in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als V-Mann. Jedenfalls belegen Zeugenaussagen, dass er Vergünstigungen erhielt und die Gestapo Darmstadt von Gesprächsinhalten wusste, die er mit Wagenbach führte. Er selbst begründet seine Freiheiten damit, dass der dortige Kompanieführer ihn, da er nur im Gefängnis und im Zuchthaus gewesen war,  nicht als dem Bewährungsbataillon richtig zugehörig angesehen habe. Von seiner Schwester erhält er außerdem Mittel, die ihn magenkrank werden lassen. April 1933 wird er als arbeitsverwendungsfähig entlassen. Jedoch werden Alexander Wagenbach von der Gestapo Darmstadt aus dem Bewährungsbataillon und Hans Fillsack aus der Wehrmacht heraus verhaftet.

Sommer 1944 erhält Paul Löchel einen Einberufungsbefehl zur Wehrmacht. Doch er desertiert, versteckt sich von September 1944 bis zum Einmarsch der Amerikaner mit 400 Lothringern im Steinbruch zwischen Saargemünd und Wölferdingen. Von den Amerikanern wird er bis September 1945 inhaftiert.

Im Januar zieht er nach Darmstadt um und wird im Mai aufgrund von Empfehlungen von der Stadt Darmstadt für die Spruchkammer Darmstadt angestellt. Doch 1947/8 steht er selbst vor Gericht und muss sich für seine Tätigkeit als V-Mann der Gestapo Saarburg/ Metz und Darmstadt verantworten. Am 14. 08.1948 wird er zu vier Jahren Arbeitslager und weitere Repressionen verurteilt. 1951 versucht Löchel eine Aufhebung des Urteilsspruchs zu erwirken, da dieses aufgrund Indizienbeweisen erfolgt sei und die Kammer ihm gegenüber voreingenommen gewesen sei.


Quellen
HHStAW 518 45287
HHStAW 520/05 30041
HStAD G 27 Darmstadt 1963
HStAD G 24 174


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