Fröba, Georg

“Mein Leben war ein Dienen für die Kleinen und Werktätigen.”
Georg Fröba, 27. Oktober 1944

Georg Fröba wächst in einer Arbeiterfamilie in Darmstadt als fünftes von sechs Kindern auf. Die Familie lebt unter schwierigen finanziellen Verhältnissen. Er selbst arbeitet sich in seinem Beruf hoch, schließt an seine Ausbildung die Meisterprüfung an. Politisch engagiert sich der Schneidermeister als Gewerkschaftler, als Mitbegründer und Leiter der Darmstädter KPD und ist von 1929 bis 1933 der einzige Stadtverordnete der KPD in Darmstadt. Besonders hervorzuheben ist sein Eintreten für Erwerbslose  und Arme: Er initiiert eine Suppenküche in der Altstadt, tritt als Veranstaltungsredner auf, macht auf die Situation und Sorgen der Arbeiter und ihrer Familien aufmerksam, organisiert Demonstrationen und Kundgebungen.

Fröbas Ziel – den Faschismus verhindern

Fröba kämpft bereits in der Weimarer Republik aktiv und mutig gegen den Faschismus. 1930 versucht er auf einer Wahlkampfveranstaltung mit 1200 Anwesenden dem NS-Redner Gottfried Feder zu widersprechen, wird aber als Diskussionsredner nicht zugelassen.
Als Vorsitzender der Gewerkschaft des Deutschen Bekleidungsarbeiter-Verbandes entsendet er 1932 zwei Delegierte zum „Ersten Kampfkongress der Antifaschistischen Aktion“. Obwohl er stark für Kongress wirbt, nehmen andere Gewerkschaften daran nicht teil.

1933-1945: Im Widerstand

Nach der Wahl Januar 1933 wirbt Fröba für einen Generalstreik in Darmstadt. In der Nacht auf den 31. Januar werden Flugblätter gedruckt und in den Betreiben verteilt. Ferner führt er Kundgebungen in Darmstadt durch, diskutiert mit Vertretern des NSBO. Im Mai 1933 wird er verhaftet und für drei Monate ins KZ Osthofen verschleppt. Dort erlebt er die entwürdigenden und unmenschlichen Bedingungen der frühen Konzentrationslager. Aufgrund seines Berufs ist seine Zwangsarbeit nicht sinnentleert: Der Schneidermeister kümmert sich um die Wäsche und Kleidung der Mitinhaftierten.

Nur wenige Wochen nach seiner Entlassung wird Fröba am 9. September 1933 wegen Verbreitung hochverräterischem Unternehmen erneut verhaftet, angeklagt und bis 24. Juli 1935 inhaftiert. Danach beginnt er mit dem Aufbau eines konspirativen Widerstandsnetzes. Unabhängig voneinander sollen kleine Betriebs- und Wohngebietsgruppen agieren. Die Ansprechpartner sind jeweils ein Vertrauensmann Fröbas . Februar 1937 wird die Gestapo  auf die Darmstädter KPD-Widerstandsgruppe aufmerksam. Von nun an liegt der Fokus darauf, die Gefahr der Enttarnung zu reduzieren. Man verzichtet auf Flugblattaktionen und sieht die Hauptaufgabe darin, Kontakt mit Gleichgesinnten zu halten, Familienangehörige der Inhaftierten oder Untergetauchten zu unterstützen und während des Krieges die Produktion von kriegswichtigen Gütern zu hemmen, ausländische Sender zu hören sowie Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern zu helfen. 1943 wird das Netzwerk von einem Gestapo-V-Mann verraten. Wissen Georg Fröba, Karl Feuerpeil, Hans Fillsack, Konrad Weigel und Alexander Wagenbach, wer sie an die Gestapo in Darmstadt verraten hat?

Der Ausgangspunkt des Verfahrens – eine Anzeige

Offizieller Ausgangspunkt des Verfahrens gegen Fröba und seine Mitstreiter ist eine Anzeige von Frau Heß Weihnachten 1942. Aufgrund eines Briefs, den sie gleich vernichtet habe, beschuldigt sie ihren Mann Karl Hess und Weiß der illegalen Betätigung. Januar 1943 erfolgen die Verhaftungen. Weiß gibt nach verschärfter Vernehmung; sprich: Misshandlungen, zu, den Brief geschrieben zu haben. Er sei von Hans Fillsack beauftragt gewesen, Hess um finanzielle Unterstützung für die illegale KPD zu bitten. Fillsack erklärt, er habe den Auftrag von Fröba erhalten.

Die Aufdeckung des Widerstandsnetzes um Georg Fröba  – Verrat und Denunziation

Ab Januar 1943 erhält die Gestapo Darmstadt Hinweise von einem V-Mann aus Ober-Ramstadt und vor allem „brauchbares Material“ aus Saarburg/Metz – ausreichend, um „sofort einen Kreis von Personen festzunehmen.“ Unter ihnen Georg Fröba, „der dauernde Störenfried der Gestapo in Darmstadt“ (Weber). Die gegen ihn in den Berichten des V-Manns Toni formulierten Belastungen werden letztendlich ausreichen, um ihn zum Tode zu verurteilen. Der ehemalige Gestapo-Beamte Weber konkretisiert sie 1947 wie folgt: „Aus einem seiner V-Berichte ging hervor, dass Fröba einen illegalen Fond von 800 RM besitze, er laufend ausländische Sender höre und mit zwei Mitgliedern des illegalen Zentralkomitees der KPD in Verbindung stehe. Nach der Festnahme von Hess habe Fröba jedoch ein Zusammentreffen mit diesen beiden Personen unterlassen.“ Ferner erfährt die Gestapo Darmstadt von einem Treffen in der Neujahrsnacht 1942/42 in der Wirtschaft „Zur Krone“, bei dem ebenfalls „illegale Gelder“ gesammelt wurden. Aussagen der Nachbarinnen Fröbas runden die Anschuldigung letztlich ab und bestätigen Fröbas Vermutung, im eigenen Haus beobachtet zu werden.

Das Ermittlungsverfahren

Zunächst können die Verhafteten noch Beschuldigungen zurückweisen, die „Gestapo hinter dem Licht herum“ führen (Hess), „Verdachtsmomente“ (Wagenbach) entkräften. Doch nach etwa einem Monat konfrontiert die Gestapo sie mit Tatsachen und Tätigkeiten, die zeigen, „dass die Gestapo mit gutem Material versorgt“ (Hess), „vollkommen über den Aufbau der illegalen Bewegung in Darmstadt orientiert“ (Fillsack) ist. Langsam fällt der Verdacht innerhalb der Gruppe nun auf Paul Löchel. Inhaltlich passen die Vorwürfe zu dem Vertrauen, das Fröba in Paul Löchel vor seiner Verhaftung setzte, als er ihn noch für die Widerstandsarbeit und Verbindungen zu Frankfurt und zum Zentralkomitee geeignet hielt. Und gerade dieser Punkt wurde wie die „Verteilung der einzelnen Arbeitsgebiete in der illegalen Bewegung“ streng geheim gehalten“ (Fischer).
Zeitlich passen ferner die konkreten Vorwürfe der Gestapo zu einem Zusammentreffen von Löchel und Wagenbach im Bewährungsbataillon 999 auf dem Heuberg. An die Gestapo Darmstadt überstellt, werden nun Wagenbach „so prägnante Dinge unterstellt“, z.B. die Geschehnisse in der Neujahrsnacht 1942/43 in der Krone, wie er sie „Löchel im Beisein von Straub erzählt habe.“ Außerdem wird Löchel selbst nicht verhaftet, sondern wegen eines Magenleidens aus dem Bewährungsbataillon entlassen.

Nach Fröbas Verhaftung tritt Löchel in Kontakt mit weiteren Personen des Widerstandnetzes um Georg Fröba in Kontakt: Konrad Weigel und Hans Dürr. Beide bestätigen, dass Löchel sie ausgefragt habe. Wissen wollte, mit wem er jetzt in Verbindung treten und an wen er die im Saargebiet gesammelten Gelder weiterleiten solle. Weigel erinnert sich an ein Gespräch mit Fröba in Haft, in dem dieser Löchel gerade deshalb vertraut, da er „für die Bewegung im Saargebiet“ gearbeitet und „Schwierigkeiten mit der Gestapo“ gehabt habe. Dürr jedoch irritiert gerade die kurze Schutzhaft Löchels im Saargebiet und dass seine Frau einen Gestapobeamten näher gekannt habe.

Weiß Georg Fröba, ob Paul Löchel ihn verraten hat?  Spätestens mit Beginn des Verfahrens vor dem Volksgerichtshof, verdächtigt Fröba ihn neben Karl Kees (Käs) aus Ober-Ramstadt als V-Mann der Gestapo. Er warnt seine Schwester in einem Brief vor beiden, bestätigt gegenüber Mithäftlingen in einem während der „Fliegerangriffe“ spontan möglichen Treffen im Rundeturmgefängnis in Darmstadt seine Anschuldigung gegenüber Löchel und ist in der Nacht vor seiner Hinrichtung überzeugt, „dass Löchel ihn der Gestapo ans Messer geliefert habe.“

Am 27.10.1944 wird Georg Fröba in Frankfurt Preugelsheim enthauptet.
Am 14. September 1947 wird auf dem Alten Friedhof in Darmstadt eine Urne beigesetzt. Sie enthält einen Teil der Asche von 15 Exekutierten, die in Frankfurt-Preungesheim hingerichtet und eingeäschert wurden – unter ihnen: Georg Fröba.

Das Spruchkammerverfahren gegen Paul Löchel 1947/8

1947 gibt Paul Löchel zu, als V-Mann für die Gestapo in Saarburg/Metz und Darmstadt gearbeitet zu haben. Denn er sei im Herbst 1942 vor die Wahl gestellt worden, „in ein KZ- Lager eingewiesen“ oder „Mitarbeiter der Gestapo“ zu werden. Nach einer Bedenkzeit habe er eingewilligt, um den „angedrohten KZ zu entgehen“.  Außerdem habe er sich vorgenommen, wenn „erst einmal in der Freiheit [,] in das Innere von Frankreich zu fliehen.“ Doch nach dreiwöchiger Schutzhaft wieder entlassen, handelt Löchel anders. Er gibt Berichte mündlich oder schriftlich unter dem Decknamen „Toni“ weiter und nimmt auch angebotene Geldbeträge an, um den „Nazismus“ zu schädigen, wie er sagt.

Zunächst wird er im Eisenbahn-Ausbesserungswerk (EAW) Saargemünd eingesetzt, da dort illegale kommunistische Flugschriften auftauchen. Seine „Arbeit“ verläuft jedoch „negativ“. Daraufhin – oder bereits zeitgleich? – ist er als V-Mann für die Gestapo in Darmstadt im Einsatz und soll Informationen über „eine illegale Organisation der KPD“ zusammentragen. Zwischen Herbst 1942 und Februar 1943 besucht er mehrfach Darmstadt, nimmt über seinen Bruder Willi Löchel Kontakt mit Georg Fröba auf.

Die Verteidigung Paul Löchels

Löchel bestreitet nicht als V-Mann gewirkt zu haben, wohl aber belastende Informationen weitergegeben zu haben: Er habe Fröba im Herbst 1942 besucht, sich mit ihm über seine Mitarbeit in der KPD unterhalten und auch Beiträge für die KPD aus dem Saargebiet übergeben. Außerdem habe er versucht, die Gestapo zu überzeugen, Fröba wieder auf „auf freien Fuß“ zu setzen, Hess zur Flucht zu verhelfen und Festnahmen in Darmstadt zu verhindern. Dies sei ihm temporär – im Tausch gegen die mit „Toni“ unterschriebenen Berichte – gelungen. „Ich habe Fröba nicht belastet und auch keine andere Person“, hält er fest.

Das Urteil

Neben Löchel und Kees taucht noch der Name eines weiteren V-Manns aus Darmstadt, Thoma, auf. Doch die Spruchkammer Darmstadt bewertet aufgrund der Zeugenaussagen die Berichte des V-Manns aus dem Saargebiet / Metz; sprich: Löchels, als relevant für das Vorgehen der Gestapo gegen Fröba und dessen Hinrichtung. Ferner wird Löchel wegen der erhaltenen Geldbeträge Handeln aus Eigennutz attestiert. Das Urteil am 14. 08. 1948 gegen ihn lautet vier Jahren Arbeitslager und weitere Repressionen. Ein Berufungsverfahren bestätigt das Urteil. 1951 versucht Löchel eine Aufhebung des Urteilsspruchs zu erwirken, da dieses aufgrund Indizienbeweisen erfolgt sei und die Kammer ihm gegenüber voreingenommen gewesen sei.


Quellen
HHStAW 409/3 4809
HHStAW 518 300
HHStAW 520/05 30041
Literatur
Arenz-Morsch, Angelika / Heinz, Stefan (Hg): Gewerkschafter im Konzentrationsloager Osthofen 1933-34. Biografisches Handbuch. Berlin 2019.
Pingel-Rollmann, Heinrich: Widerstand und Verfolgung in Darmstadt und der Provinz Starkenburg, Darmstadt, Marburg 1985.


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