Hans Schnauber wird am 7. November 1904 in Darmstadt geboren und lebt in der Landgraf-Georg-Straße 70. Nach der Volksschule beginnt er eine Lehre als Schuhmacher, bricht diese jedoch ab und geht auf Wanderschaft. Ab 1930 engagiert sich Schnauber in der KPD und kämpft gegen den Faschismus. Er ist „Sektionsführer“ und wird 1933 nach Ansicht der Behörden in ein “hochverräterisches Unternehmen verwickelt”. Im Mai 1933 flieht er in das Saargebiet und anschließend nach Straßburg.
1936 schließt er sich den Interbrigadisten im Spanischen Bürgerkrieg an und kämpft dort in der Centuria Thälmann. Nach dem Sieg Francos flieht er 1939 mit tausenden Spanienkämpfern nach Frankreich. Dort wird er u.a. im Lager Gurs interniert, um anschließend der Fremdenlegion beizutreten. In Algerien, das mit der Niederlage Frankreichs zunächst unter der Herrschaft des mit dem Deutschen Reich verbündeten Vichy-Regimes steht, gerät Schnauber in deutsche Gefangenschaft.
Im Dezember 1941 wird er in Châlons-sur-Marne an die Gestapo übergeben. Wegen Hochverrats wird Schnauber am 9. Januar 1942 in Darmstadt zu einer mehrjährigen Zuchthausstrafe verurteilt. Nach einer mehrmonatigen U-Haft im Landgerichtsgefängnis Darmstadt wird er am 23. September 1942 mit einem Sammeltransport in das Gefängnis Kassel-Wehlheiden verlegt, wo er bis zum 26. Januar 1944 bleibt.
Anschließend durchläuft er eine Odyssee in Zuchthäusern und Gefangenenlagern, darunter Papenburg, Osnabrück, Münster, Hamm, Rottenburg am Neckar und schließlich Ulm. Dort wird er mit vielen anderen Gefangenen am 24. April 1945 von den Amerikanern befreit. Von Krankheit gezeichnet und vollkommen geschwächt, kann er wie viele seiner Kameraden nicht sofort entlassen werden. So kehrt er erst am 21. Mai 1945 nach Darmstadt zurück.
[BLATT 1] Transkiption des handschriftlichen Lebenslaufs
Hans Schnauber geb. 7.11.04, Darmstadt (Hessen) ledig, Protestant, Arbeiter, zuletzt wohnhaft 21.5.1933. Mathildenplatz Nummer 7 durch meine politische Betätigung wegen Sprengstoffvergehens musste ich am 21.5.33., Darmstadt verlassen.Bin damals in Saargebiet und blieb bis zur Volksabstimmung 1935, als politischer Emigrant in Saarbrücken Ludweiler
i / Warndt und Klarenthal Krughütte. Nach der Abstimmung emigrierte ich nach Frankreich nach Straßburg.
Dort verblieb ich bis 8 Wochen, bis wir weiter transportiert wurden nach Ancenis in das [?]lager bei Nanthes [Nantes] Dort waren wir in Kasernen untergebracht, die meisten Kameraden waren von uns erwerbslos. Als 1936 in Spanien, der Bürgerkrieg ausbrach, verließ ich Frankreich und trat am 15.7.1936, in d. Republikanische Armee Spaniens, und kämpfte als antifaschistischer Soldat in den Zenturia [Centuria] Thälmann, in den Internationalen [Bri]gaden, in den 14. u. 11. Brigaden bis 9.2.1939. Habe bei den Kämpfen in St. Sebastian, Cordoba, Anduchia, Madrid, Casse de Cambo, Las Rosas, Brunelle, Belchite, Godo, Albalate, Catienta b/ Huesca, Lerida, Falset, Tortosa, Sierra de Cabals, Teruel, Batalona [Badalona], Gerona, und Figueras teilgenommen. Verwundet war ich in dieser Zeit nicht, lag aber wegen Fleischvergiftung 8 Wochen im Lazarett in Moja. Als dann am 9.2.1939, der Bürgerkrieg zu Ende ging
[BLATT 2]
kommen wir nach Frankreich in Internierungslager nach St. Bergin u. Camp de Curs [Gurs]. Von da aus ging ein großer Teil, auch ich in die französische Legion nach Afrika. Ich war von 1939, in Afrika in Sidi-Bel-abest [Sidi bel Abbès, Algerien], später nach meiner Ausbildung in Mecknes [Meknès] in Nord Afrika.
Dort wurden wir mit unseren Kameraden vom 16.11.41, von der deutschen und italienischen Militärkommission verhaftet, nach Oran gebracht, von da aus mit dem Schiff nach Marseille und dann per Zug nach Marie de Charlone. Dort übernahm uns die Gestapo und lieferte uns bei der Heimatsbehörde ab. So kam ich am 9.1.42 nach Darmstadt in Schutzhaft, dann in Untersuchungshaft, am 11.9.42 wurde ich vom Amtsgericht Kassel zu 4 Jahren Zuchthaus, Ehrverlust und staatenlos auf Lebensdauer verurteilt wegen Hochverrat. Vom 11.9.42, habe ich meine Strafe in mehreren Zuchthäusern und Konzentrationslagern, in Kassel Wehleiden [Wehlheiden] Ziegenhain, Papenburg Moor Lager 1, Münster, Osnabrück, Rothenburg am Neckar b/ Tübingen und zuletzt in Ulm verbracht. In Ulm wurden wir am 24ten. 4. 45 von den Amerikanern befreit. Der größte Teil Kameraden konnten [sic!] wegen Krankheit nicht entlassen werden, auch ich nicht. Ich lag an Schwäche, Wasser in den Beinen u. Füssen und B[ur]sitis? [Schleimbeutelentzündung]. Am 19. Mai wurde ich mit unseren Kameraden in einem Omnibus, der nach Köln, München Gladbach fuhr, nach Hause gebracht. So kam ich am 21. Mai hier in Darmstadt an.
[BLATT 3]
Ab 22.5 begab ich mich mit 42 Kilo Lebensg[ewicht] in ärztliche Behandlung bei Doktor Erb Eck Wenk[-] und
Heinheimerstr.
[in der Heimheimerstraße 21 war das staatliches Untersuchungsamt für Infektionskrankheiten]
Bin die ganze Zeit zu Hause, die meiste Zeit arbeitsunfähig. Vom Arzt bin ich auf ein viertel Jahr arbeitsunfähig geschrieben. Bis jetzt konnte noch nicht richtiges unternehmen, für die Zukunft wäre mir am liebsten, ein[e] leichte Beschäftigung.
Hans Schnauber Darmstadt
Landgrafgeorgstr. Nr. 70 i/Hinterhaus