Ein frühes Fanal der ideologischen Gleichschaltung bildeten die Bücherverbrennungen in den deutschen Universitätsstädten im Mai und Juni 1933. Auch in Darmstadt verfasste die „Deutsche Studentenschaft“ „Thesen wider den undeutschen Geist“. In einer „Schwarzen Liste“ mit über 1000 Buchtiteln wurden die als „undeutsch“ denunzierten Schriften erfasst, während „weiße Listen“ den öffentlichen Büchereien und „Volksgenossen“ die „Anschaffung zeitgemäßer und wahre deutsche Volksbildung vermittelnder Bücher“ (Darmstädter Tagblatt vom 9. Juni 1933) quasi vorgaben.
Bereits im März 1933 begann die Darmstädter Stadtbücherei, betroffene Autor*innen und Werke aus ihren Beständen auszusortieren. Die Bücherverbrennungen selbst fanden in fast allen Universitätsstädten am 10. Mai 1933 mit Aufmärschen und Fackelzügen statt, in Darmstadt verschob sich die „Aktion“ auf den Sonnwendtag, den 21. Juni. Gründe dafür sind zum einen in der zögerlichen Reaktion auf den ersten Aufruf der Studentenschaft zur Ablieferung von Büchern zu sehen. Zum anderen – und das ist wohl entscheidender – gab es Konflikte innerhalb der Studentenschaft.
Nach einem zweiten Aufruf, am 16. Juni im Darmstädter Tagblatt, kamen schließlich genügend freiwillig abgegebene oder bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmte Bücher zusammen. Nachdem die NS-Studenten und ihre Anhängerschaft von der Sonnwendfeier am Bismarckturm, wo der TH-Rektor Prof. Thum eine ideologisch triefende Ansprache hielt, um 22:45 Uhr den Mercksplatz erreichten, nahmen viele Darmstädter an der Verbrennungsaktion, teil und hörten den studentischen Rednern, zum „Kampf bis zur Vernichtung“ der verbotenen Autor*innen, ihrer Werke und Gedanken aufriefen, zu.
An dem Platz, an dem von hetzerischen Ansprachen und Schmährufen begleitet, Bücher „als Symbol dafür, dass das neue Deutschland in dem Kampf gegen das Undeutsche restlose und rücksichtslose Arbeit leistet“ (Darmstädter Tagblatt, 22. Juni 1933), brannten, erinnert seit 2003 eine Gedenktafel an in der NS-Zeit verbotene Autor*innen.
Betroffene, deren Biographien und Werke mit Hessen und Darmstadt eng verbunden sind, waren u.a. Anna Seghers, die mit dem Roman „Das siebte Kreuz“ an das KZ Osthofen erinnert und, wie es Carl Zuckmayer ausdrückte, ein „menschlich glaubhaftes Bild des verfinsterten Deutschlands“ vermittelt. Weiter zählten dazu der in Darmstadt geborene, zum George-Kreis gehörende Dichter Karl Wolfskehl und dessen Freund Friedrich Gundolf, Literaturhistoriker in Heidelberg; die Schriftstellerin und eine der bekanntesten Schülerinnen der Viktoriaschule Elisabeth Langgässer; der Schriftsteller, Silber- und Kupferschmid Georg K. Glaser sowie der Schriftsteller Carl Zuckmayer.
Darmstädter Tagblatt vom 16.Juni 1933 – https://tudigit.ulb.tu-darmstadt.de/show/Za-150-1933-2/0899
