Jüdische Spuren

Die nationalsozialistische Vernichtungspolitik hat die >>>>Jüdische Gemeinde Darmstadts durch Vertreibung, Deportation und Ermordung vollständig ausgelöscht. Sie wurde im Jahr 1946 von einer kleinen Zahl Überlebender – unter ihnen der Buchenwald-Überlebende >>>>Alexander Haas – wieder gegründet, auf Jahre aber lediglich als „Zwischenstation“ verstanden, wie die bis in die 1980er Jahre geltende Selbstverpflichtung zur Auswanderung aus dem Land der Täter zeigt, die in der Gemeindesatzung niedergelegt war. Die heutige Jüdische Gemeinde Darmstadt hat als Zentrum eine neue, 1988 geweihte Synagoge in der Wilhelm-Glässing-Str. 26 und ist mit inzwischen über 600 Mitgliedern (2020) wieder zu einem religiösen und kulturellen Treffpunkt in Darmstadt geworden, der in die Stadt und die Region ausstrahlt und zum Besuch einlädt.

Die Suche nach sichtbaren Spuren der Darmstädter Jüdischen Gemeinde aus den Jahrhunderten vor ihrer Vernichtung durch die Nationalsozialisten ist dagegen schwierig und erfordert Bereitschaft, sich auf die Suche zu machen:

  • nach den wenigen erhaltenen Orten jüdischer Geschichte (wie etwa dem Jüdischen Friedhof in Bessungen),
  • nach Bruchstücken der Erinnerung (wie dem 2008/09 innerhalb des Erweiterungsbaus des städtischen Klinikums entstandenen Gedenkort für die ehemalige liberale Synagoge)
  • nach dem Ort, an dem die orthodoxe Synagoge bis zu ihrer Zerstörung im November 1938 stand (Gedenkstein in der Bleichstraße/Ecke Grafenstraße)
  • im Museum in der jüdischen Gemeinde, wo Dokumente, Fotos und Gegenstände des religiösen Gebrauchs zugänglich sind
  • oder nach dem >>>> Gedenkort Denkzeichen Güterbahnhof an der Ecke Kirschenallee/Bismarkstraße, dass der Erinnerung an die von Darmstadt aus in die Vernichtungslager deportierten Jüdinnen, Juden und Sinti-Familien gewidmet ist.

Einen wichtigen Zugang zur jüdischen Geschichte in Darmstadt vor 1946 bilden außerdem Veröffentlichungen, die vor allem in der Alexander-Haas-Bibliothek im Darmstädter Literaturhaus, Kasinostr. 3, eingesehen und ausgeliehen werden können. Grundlegend ist die von Eckart G. Franz 1984 begründete Veröffentlichung „Juden als Darmstädter Bürger“ (neu herausgegeben 2019); die Darmstädter Geschichtswerkstatt hat Stationen der Verfolgung der Darmstädter Juden während der Nazizeit  (Antisemitismus und „Arisierung“, Novemberpogrom, “Endlösung“) in der vom Kulturamt der Stadt herausgegebenen >>>>Broschüre „Widerstand und Verfolgung in Darmstadt in der Zeit des Nationalsozialismus (4. bearb. Auflage 2011) dargestellt.

Im Oktober 2003 wurden bei Bauarbeiten für einen Neubau im städtischen Klinikum Überreste der zerstörten Liberalen Synagoge freigelegt. 2004 beschloss der Magistrat der Stadt, an der Fundstelle eine Gedenkstätte zu errichten. 2008 erfolgte die feierliche Einweihung des nach dem künstlerisch-didaktischen Konzept der Installationskünstler Ritula Fränkel und Nicholas Morris gestalteten Gedenkorts „Liberale Synagoge“.

Hunderte >>>> Stolpersteine, die seit 2005 vom „Arbeitskreis Stolpersteine“ in Darmstadt mit Unterstützung der Stadt verlegt worden sind, erinnern an Namen und Schicksal vertriebener und ermordeter Jüdinnen und Juden aus Darmstadt. Sie sind Teil des von Günther Demnig gegründeten, inzwischen weit über Deutschland hinaus installierten Projekts, das an die Opfer des NS-Regimes erinnert.

Literatur / Medien

Frenzel, Martin: Eine Zierde unserer Stadt: Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Liberalen Synagoge Darmstadt, Darmstadt 2008

Hoppe, Dorothee / Reuss, Jutta (Hg.), Stolpersteine in Darmstadt. Darmstadt 2013

Initiative Güterbahnhof Darmstadt (Hg.), Darmstadt als Deportationsort. Zur Erinnerung an die unter dem Nazi-Regime aus dem ehemaligen Volksstaat Hessen deportierten Juden und Sinti. Darmstadt 2004

Juden als Darmstädter Bürger, begründet von Eckhart G. Franz. Neu herausgegeben von J. Friedrich Battenberg / Peter Engels / Thomas Lange, Wiesbaden 2019

Keller, Helga: Farbig Moll. Darmstadt-Berlin 1933-1939. Darmstadt 1996

Lange, Thomas Hg.): „L’Chajim“. Die Geschichte der Juden im Landkreis Darmstadt-Dieburg. Reinheim 1997

Lange, Thomas und Neumann, Moritz: Jüdisches Leben in Geschichte, Glaube und Brauch. Das Buch zum Museum der Jüdischen Gemeinde Darmstadt. Darmstadt 1999

Ders. / Triebel, Lothar (Hg.): „Geh nicht den Weg zurück!“ Festschrift zum sechzigjährigen Bestehen der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Darmstadt 1954-2014, Darmstadt 2014

Neumann, Moritz und Reinhold-Postina, Eva Hg.): Das zweite Leben. Darmstädter Juden in der Emigration. Ein Lesebuch. Darmstadt 1993

Pingel-Rollmann, Heinrich: Widerstand und Verfolgung in Darmstadt und in der Provinz Starkenburg 1933 – 1945. Darmstadt und Marburg 1985

Reinhold-Postina, Eva und Neumann, Moritz: Das Darmstädter Synagogenbuch. Eine Dokumentation zur Synagogen-Einweihung am 9. November 1988

Internet 

https://lvjgh.de/gemeinden/darmstadt/ (Landesverband Jüdischer Gemeinden Hessen) – https://jg-darmstadt.de/(Homepage der Jüdischen Gemeinde Darmstadt) –
(https://www.darmstadt.de/standort/stadtportraet/gedenkstaetten)
https://www.darmstadt.de/standort/stadtportraet/gedenkstaetten/erinnerungsort-liberale-synagoge
https://www.liberale-synagoge-darmstadt.de/


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